Keine Erwerbsobliegenheit bei Rente wegen voller Erwerbsminderung?
Mit Nichten!
Der 12. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden:
Ein Unterhaltsverpflichteter Elternteil, der eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, ist gleichwohl verpflichtet, unter Umständen Unterhalt zu zahlen:
Er muss nämlich grundsätzlich Art und Umfang der behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen genau in einem Rechtsstreit mit seinem Kind darlegen und ist ferner verpflichtet, darzulegen, in wie weit die behaupteten gesundheitlichen Störungen sich auf die Erwerbsfähigkeit überhaupt auswirken. Das hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 09.11.2016 zu dem Aktenzeichen XII ZB 227/15 entschieden.
Daraus folgt:
Aus der Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gem. § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI ergibt sich keineswegs eine vollständige Unfähigkeit für sämtliche Tätigkeiten, etwa Geringverdienerbereich (BGH AAO, Rd. N. 22, zitiert nach Juris).
Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass das Gesetz für Renten wegen voller Erwerbsminderung Hinzuverdienergrenzen nach § 96 a. Abs. 2. Nr. 2 SGB VI vorgesehen hat. Aus der Gewährung einer EU-Rente wegen voller Erwerbsminderung ergibt sich damit lediglich dass der Unterhaltspflichtige nicht drei Stunden oder mehr arbeitstäglich erwerbstätig sein kann. Eine vollständige Unfähigkeit für sämtliche Tätigkeiten, auch im ganz Geringverdienerbereich ergibt sich hieraus nicht. Daher muss ein Kindesvater oder eine Kindesmutter in einem Unterhaltsprozess mit ihrem minderjährigen Kind den Nachweis führen, in welcher Höhe er tatsächlich rentenrechtliche Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung und einer betrieblichen Altersvorsorge hat und dass diese nicht ausreichend sind den Unterhalt des Kindes zu decken.
Außerdem muss er darlegen, dass ihm eine geringfügige Beschäftigung nicht möglich ist.
Man muss also festhalten: Mit dem Kind, das Unterhaltsberechtigt teile, teilt man auch das allerletzte Hemd.