Beim Ehegattenunterhalt ist zwischen dem Trennungsunterhalt und dem nachehelichen Unterhalt (Geschiedenenunterhalt, Scheidungsunterhalt) zu unterscheiden: Während der Trennungsunterhalt für die Zeit von der Trennung bis zum Eintritt der Rechtskraft der Scheidung verlangt werden kann, besteht der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ab dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung. Beide Ansprüche müssen gesondert geltend gemacht werden. Der Trennungsunterhalt wandelt sich nach der Scheidung also nicht automatisch in den Geschiedenenunterhalt um.
Mit der Reform des Unterhaltsrechts zum 01.01.2008 sollte u. a. der bis dahin quasi bislang auf Lebenszeit angelegte nacheheliche Unterhalt den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen und dem damit verbundenen Wertewandel angepasst werden. Als einer der Hauptbestandteile dieser Reform gilt der Grundsatz der Eigenverantwortung, wonach der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung schnellstmöglich wieder eine Erwerbstätigkeit anzunehmen und für seinen Lebensunterhalt selber zu sorgen hat.
Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt kommen daher nur in Betracht, wenn der Ehegatte sich nach der Scheidung nicht selber versorgen kann, was beim Vorliegen einer der gesetzlich geregelten Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) der Fall ist. Für alte Ehe und für lange Ehen ist dieser Grundsatz wieder zurückgenommen worden.
Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes
Betreut der geschiedene Ehegatte das gemeinschaftliche oder adoptierte Kind, braucht er laut Familienrecht erst dann einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, wenn das betreute Kind drei Jahre alt ist. Werden mehrere Kinder betreut, kommt es auf das Alter des jüngsten Kindes an. Mit der Vollendung des dritten Lebensjahres des (jüngsten) Kindes muss der betreuende Elternteil eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.
Allerdings kann der betreuende Elternteil beim Familiengericht im Einzelfall eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus Billigkeitsgründen beantragen, wobei er die Gründe darlegen und ggf. beweisen muss. Solche Gründe können sowohl kindesbezogen (etwa Erkrankung, erhöhter Betreuungsbedarf, fehlende Betreuungsmöglichkeiten) als auch elternbezogen (etwa Betreuung mehrerer Kinder) sein. Diese Gründe spielen ebenfalls für die Frage eine Rolle, ob eine Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung oder aber nur ein Mini-Job ausgeübt werden muss.
Grundsätzlich sollte der betreuende Elternteil damit rechnen, dass er mit der Vollendung des dritten Lebensjahres des (jüngsten) Kindes eine Erwerbstätigkeit aufnehmen muss. Dabei hängt die konkrete Tätigkeit allerdings davon ab, welches Betreuungsangebot für das Kind vorliegt und ob dieses dem Kind sowie dem betreuenden Elternteil zugemutet werden kann.
Altersunterhalt
Unterhaltsberechtigt ist der geschiedene Ehegatte, der für seinen Lebensunterhalt nicht sorgen und bei dem wegen seines Alters auch keine Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden kann. Da keine starren Altersgrenzen bestehen, kommt es auf die berufliche Vorbildung, der früher ausgeübten Erwerbstätigkeit, der Dauer der Unterbrechung, den Chancen der Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt, der Ehedauer, dem Gesundheitszustand sowie den persönlichen Verhältnissen an.
Grundsätzlich besteht die Verpflichtung zur Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung, sofern sich im erlernten Beruf kein Job mehr finden lässt. Das kritische Alter dürfte mit 55 Jahren beginnen, wobei mit 65 Jahren eine Erwerbstätigkeit in der Regel nicht mehr zu erwarten ist.
Der Unterhaltsberechtigte sollte sich ggf. bei der Agentur für Arbeit über einschlägige Fortbildungs-, Umschulungs- oder sonstige Maßnahmen informieren.
Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen
Unterhaltsberechtigt ist ebenfalls derjenige, der für seinen Lebensunterhalt nicht sorgen und bei dem wegen Krankheit, Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte keine Erwerbstätigkeit mehr erwartet werden kann. Der Unterhaltsanspruch setzt voraus, dass diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen bereits zum Scheidungszeitpunkt aufgetreten sind.
Eine Krankheit liegt auch bei Alkoholmissbrauch, Drogensucht, Tablettenabhängigkeit oder einer Neurose vor. Bei diesen – teils selbst verschuldeten – Erkrankungen muss der geschiedene Ehegatte aber ärztliche Hilfe beanspruchen und sich ggf. einer Therapie unterziehen, um den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu behalten. Wirkt der Erkrankte trotz Aufforderung nicht an einer Genesung mit, entfällt sein Unterhaltsanspruch.
Nachehelicher Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit
Ein Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit besteht, wenn der geschiedene Ehegatte trotz intensiver Bemühungen keine Arbeitsstelle findet und dies weder an einer Kinderbetreuung, seinem Alter oder an einer Krankheit liegt.
Intensives bemühen bedeutet, dass eine bloße Meldung als arbeitslos nicht genügt, sondern der geschiedene Ehegatte sich ernsthaft und aktiv auf Arbeitsstellen bewirbt. Dazu gehört auch die Verpflichtung, an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen oder sich umschulen zu lassen. In der Praxis wird der Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit regelmäßig nach § 1578b BGB herabgesetzt und zeitlich begrenzt.
Der Nachweis der intensiven Bemühungen um einen Arbeitsplatz setzt ca. 20 bis 30 Bewerbungen pro Monat voraus, die dokumentiert sein müssen. Hierzu sollten die entsprechenden Stellenanzeigen gesammelt und ggf. mit Nachweisen über die Bewerbung (etwa Bewerbungsunterlagen, Einladungen zu Vorstellungsgesprächen usw.) abgeheftet werden. Dies gilt ebenso für Internetanzeigen, eigene geschaltete Stellengesuche und Aufzeichnungen über geführte Telefonate.
Aufstockungsunterhalt
Der Ehegattenunterhalt kann auch in Form von Aufstockungsunterhalt gezahlt werden.
Reichen die Einkünfte des geschiedenen Ehegatten aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit nicht aus, um den früheren ehelichen Lebensstandard zu halten, kommt ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt – also die Differenz zwischen dem jetzigen eigenen Einkommen und dem während der Ehe zur Verfügung stehenden Einkommen – in Betracht. Dazu muss der Geschiedene die ehebedingten Nachteile darlegen und beweisen, oder es muss eine Ehe von langer Dauer vorliegen. Hier ist die Reform deutlich ausgehölt worden, weil in der Regel für 1/3 bis 1/2 Ehezeit ein Quotenunterhalt von den Olgs angenommen wird, und erst danach auf Befristung und Abschmelung erfolgt.
Zudem ist es erforderlich, dass der begehrte Aufstockungsunterhalt mehr als 10% über seinem eigenen bereinigten Nettoeinkommen liegt. Wird Aufstockungsunterhalt gewährt, erfolgt dies regelmäßig ebenfalls nur in begrenzter Höhe und innerhalb einer zeitlichen Befristung.
Hier kann ein vorsorgender Ehevertrag, aber auch eine Ehegestaltung mit beiderseitiger Erwerbstätigkeit eine faktische Begrenzung bringen.
Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung
Führt ein Ehegatte nach der Heirat seine Ausbildung nicht zu Ende oder unterlässt eine Ausbildung oder Fortbildung, um sich um Haushalt und Kinder zu kümmern. Scheitert die Ehe, besteht in folgenden Fällen ein Anspruch auf Unterhalt wegen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung:
Abbruch einer Berufsausbildung vor oder während der Ehe
Unterlassene Berufsausbildung wegen der Ehe
Fortbildung oder Umschulung zum Ausgleich ehebedingter Nachteile
Wesentliche Voraussetzung für diesen Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt ist, dass die Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung zeitnah aufgenommen wird. Der Anspruch, der neben den Ausbildungs-, Fortbildungs- oder Umschulungskosten die laufenden Lebenshaltungskosten umfasst, ist bis zum regulären Abschluss der Maßnahme zeitlich begrenzt.
Wird die Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung nicht oder nicht zeitnah betrieben, wird der geschiedene Ehegatte so behandelt, als sei er arbeitslos und würde sich nicht ausreichend um eine neue Arbeitsstelle bemühen. Dem Unterhaltsberechtigten wird dann das Einkommen angerechnet, was er aus dem mit der Maßnahme möglichen Beruf erzielen könnte. Durch diese fiktive Anrechnung entfällt der Unterhaltsanspruch meistens.
Unterhalt aus Billigkeitsgründen
Kann aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit des geschiedenen Ehegatten nicht erwartet werden und wäre die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Interessen beider Ehegatten grob unbillig, ist ein Unterhaltsanspruch aus Billigkeitsgründen denkbar.
Typische Fälle sind etwa
die Betreuung von Kindern des anderen Ehegatten, von Enkelkindern oder von Pflegekindern
ein Scheitern des Unterhalts wegen Krankheit oder Gebrechen, weil die gesundheitliche Beeinträchtigung erst nach der Ehe aufgetreten ist
besondere Leistungen oder Vermögensopfer des geschiedenen Ehegatten für den früheren Ehepartner, etwa jahrelange unentgeltliche Tätigkeit in dessen Betrieb, die Pflege von dessen Angehörigen oder die frühere Überlassung von erheblichem Eigenkapital für dessen Selbstständigkeit bzw. Existenzgründung
Liegt ein Billigkeitsgrund vor, sollte der Unteranspruch schnellstmöglich geltend gemacht werden. Denn für die Billigkeitserwägung spielt es eine erhebliche Rolle, wie lange der Unterhaltsanspruch bereits beendet war.
Maßgeblich für die Höhe des nachehelichen Unterhalts sind die ehelichen Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt der Scheidung, § 1578 Abs. 1 BGB. Dabei ist aber nur das prägende Einkommen zu berücksichtigen. Standen also etwa 15% des Einkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten während der Ehe nicht zur Verfügung, weil er davon erhebliche Altschulden aus seiner Zeit vor der Ehe beglichen hat und weiterhin begleicht, haben diese Zahlungen die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mitgeprägt und sind daher für den Unterhalt nicht zu berücksichtigen.
Der Ehegattenunterhalt umfasst den kompletten Lebensbedarf des berechtigten geschiedenen Ehegatten, § 1578 Abs. 1 BGB. Dazu gehören bei entsprechender Leistungsfähigkeit des anderen früheren Ehegatten.
der Elementarunterhalt
ggf. die Kosten einer Kranken- und Pflegeversicherung, § 1578 Abs. 2 BGB, etwa weil der geschiedene Ehegatte privat versichert oder über den früheren anderen Ehegatten in der gesetzlichen Krankenkasse mitversichert war (bei der Mitversicherung fällt der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenkasse einen Monat nach Rechtskraft der Scheidung weg, wobei der geschiedene Ehegatte drei Monate Zeit hat, sich in eine gesetzlichen Krankenkasse beitragspflichtig freiwillig zu versichern)
ggf. die Kosten einer angemessenen Schul- und Berufsausbildung, Fortbildung oder Umschulung, § 1578 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 1574, 1575 BGB
sogenannter Vorsorgeunterhalt für die Alterssicherung und Erwerbsunfähigkeitsversicherung, sofern der geschiedene Ehegatte Anspruch auf Betreuungsunterhalt, Altersunterhalt, Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen, Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit, Aufstockungsunterhalt oder Unterhalt aus Billigkeitsgründen hat, § 1578 Abs. 3 BGB. Dabei wird der Vorsorgeunterhalt regelmäßig nach der sogenannten Bremer Tabelle berechnet.